Zwischen Event und Hopper-Auflauf
18#031
16.05.2018 (20:45 Uhr)
Groupama Stadium, Lyon
55768 Zuschauer
Finale UEFA-Europa League 2017/18
Olympique de Marseille – Club Atlético de Madrid 0:3 (0:1)
Der Morgen begann relativ entspannt, bis ich um 7:18 Uhr bereits PanM auf der Straße warten sah. Immerhin waren wir ja erst um 7:30 Uhr verabredet. Also wurde die Morgen-Routine zügig beendet. Es gab noch einen Abschiedskuss für Frau und Kind, bevor ich pünktlich 7:30 Uhr aus der Haustür trat.
Da wir sowieso mit Auto unterwegs waren, entschieden wir uns für P+R - Parkplatz am S-Bahnhof Altglienicke, um alsbald festzustellen, dass für unseren Flug eine halbe Stunde Verspätung ausgewiesen wurde.
Nach der Sicherheitskontrolle zeichnete sich dann die nächste Erkenntnis ab. Vor Gate 14 warteten zig Leute, die heute definitiv die gleiche Route wie wir hatten. Einen derartigen Hopper-Auflauf hatte ich so auch noch nicht erlebt; bestimmt 2/3 der Leute in der Maschine flogen heute mit uns nach Lyon. PanM lauschte interessiert den Geschichten, ohne aber rechte Freude dabei zu empfinden. Mir war es relativ gleichgültig, da ich mental schon im Flugmodus war. Nach wie vor kann ich dem Fliegen nichts abgewinnen. Aber nun musste ich da durch.
Trotz aller Anspannung beobachte ich natürlich alle Vorgänge an Board intensiv. So wurde unter anderem auf die Vorfälle während des GermanWings-Fluges damals reagiert, indem ein Mitglied der Cabin Crew beim Verlassen des Flugkapitäns im Cockpit verbleibt. Das war doch irgendwie beruhigend.
So schlecht wie heute war meinerseits noch nie eine Tour vorbereitet gewesen, aber PanM hatte alles recherchiert und war bestens informiert.
Nachdem wir alles in allem sanft gelandet waren, musste zunächst die Orientierung hergestellt werden. Der Flughafen in Lyon wurde gerade erweitert und putzte sich für kommende Aufgaben heraus.
Auf der Suche nach einer alternativen Transportmöglichkeit in die Stadt lief einem dann auch erstmal schwer bewaffnetes Militär über den Weg.
Um es kurz zu machen, eine Alternative zur sündhaft teuren Tram gab es leider nicht. Es gab keinen Bus, ein Taxi war für uns zwei Personen zu teuer und so wurde es der Rhône-Express. Aus zwei unterschiedlichen Quellen bekamen wir noch die Empfehlung, es mit babla-Car zu versuchen, da viele Flughafen-Mitarbeiter auf ihrem täglichen Weg zur Arbeit Fahrten anbieten.
Mit einer Stunde Verspätung erreichten wir unsere Unterkunft und damit unsere Airbnb - Gastgeberin France, welche uns freundlich auf den Tag und die Nacht einstimmte. Berechtigte Kritik ging u.a. an mich für ein nicht vorhandenes Foto im Portal.
Da noch ausreichend Zeit war, die Einkäufe erledigt waren, konnten wir uns dem Sightseeing widmen. Dafür hieß es laufen, laufen und nochmals laufen. In der Summe endete der Tag bei über 26 Tsd. Schritten.
Während des Stadtrundgangs konnte ich mein Bild von Frankreich wieder gerade rücken. Lyon hatte so gar nichts von Paris, Marseille oder Toulouse. Vielmehr wirkte Vieles im Aufbau, es war sauber und aufgeräumt. Zudem könnte man unheimlich viele weibliche Busfahrerinnen sehen.
Bis auf die eingerichtete Fanmeile war der Stadt nicht viel vom bevorstehenden Ereignis anzumerken. Da wir zudem das Foto mit dem Pokal nur knapp verpasst hatten, konnten wir uns den vielen Brücken, den kleinen Gassen und auch den schönen Kirchen widmen. Das Anzünden einer Kerze offenbarte dann schon unser wahres Ich.
Nach dem Rundgang ging es zurück zum Hauptbahnhof und von dort aus weiter mit der Shuttle-Tram zum Stadion. Als wir losfuhren, waren noch zwei Stunden Zeit bis zum Anpfiff. Die Stimmung in der Tram war gut und natürlich fest durch Olympique geprägt.
Die Fahrt dauerte gefühlt ewig, da das Stadion kurz vor dem Flughafen auf die grüne Wiese gesetzt wurde.
Der Einlass war dann an Unkontrolliertheit nicht mehr zu übertreffen. Es ging nichts mehr, zumindest bis zum Absperrgitter. Aber das musste erstmal erreicht werden. Die Besucher des Spiels agierten aber allesamt ruhig und besonnen, so dass sich der Druck der Menge in Grenzen hielt.
Eine Stunde vor dem Anpfiff war dann der Sturm auf den Eingang angesagt. Pyros flogen durch die Luft und die Polizei musste einschreiten. Ohne es genau zu wissen, vermutete ich Atlético hinter der Aktion, da die Olympique-Ultras bereits im Stadion waren und zudem den anderen Eingang nutzten.
Um 20:08 Uhr waren wir dann auf dem Gelände und um 20:20 Uhr, mit einem Getränk versorgt, auf unserem Platz. Die Kommerz-Veranstaltung konnte beginnen. Das Stadion war zu Dreiviertel in der Hand von Olympique und das machte sich auch akustisch deutlich bemerkbar.
Als die Wege der Finalisten ins Endspiel per Video nachgezeichnet wurden, schallte bei Atlético ein gellendes Pfeifkonzert durchs durch Rund. Auch die Hymne wurde durch Selbiges begleitet.
Mit einer nicht erwarteten Verspätung wurde angepfiffen. Marseille hüllte dabei das Stadion zum ersten Mal in Rauch und bei Atlético gab es eine Choreo zu sehen.
Angetrieben von den Fans gestaltete Marseille die ersten Minuten stürmisch und ging drauf. Zwei gute Chancen sprangen heraus.
Der Support Olympique war gigantisch.
Und ich gebe zu, davon etwas angesteckt worden zu sein.
Nach neun Minuten lief die Polizei vor dem Block auf, allerdings ohne so recht zu wissen, wohin sie wollte und so zog man sich teilweise wieder zurück, um fünf Minuten später abermals auszuschwärmen.
Nach einer Viertelstunde war auch erstmals Atlético zu hören. Auf dem Feld hielt man sich aber zurück, da Marseille einfach zu aggressiv war.
Der Bruch im Spiel kam dann in Minute 21, als der Ball nach einem Bock des Olympique-Verteidigers direkt vor den Füßen von Griezmann landete und dieser wiederum zum 0:1 vollendete.
In der 32. Minute musste Payet verletzt vom Platz. Damit war die Ausgangslage für OM noch schwieriger geworden.
Die Ultras von OM zündelten gewaltig. Irgendwie waren die Vorgaben hinsichtlich Pyrotechnik nicht ganz so streng wie anderswo, da niemand kaum jemand wirklich vermummt war.
Dann ging spielerisch erstmal nichts mehr. Madrid beruhigte die Partie zur Gänze und Olympique war zu limitiert, um auf den Ausgleich zu drängen.
Nach einer einminütigen (!!!) Nachspielzeit ging die Partie beim Stand von 0:1 in die Pause, die Pyroshow ging aber weiter.
In der Halbzeit zog dann der Regen auf und man konnte wieder nur die modernen Dachkonstruktionen in Frage stellen.
Mit Beginn der zweiten Hälfte (48.) traf Atlético erneut und abermals hieß der Torschütze Griezmann.
Nach dem 0:2 brachte sich dann Atlético auch aktiver beim Support ein, welcher aber in bereits bekannter Manier zu kurz war.
Der Support bei OM beschränkte sich zunehmend auf den Ultra-Block. Die restlichen Sympathisanten waren bereits in der Trauerphase angekommen.
Ab der 60. Minute tat Marseille dann wieder mehr für die Partie und wollte es nochmal wissen.
Während des Spiels erreichte uns die Mitteilung, dass Sandro Wagner (#wagnerout) aus der Nationalelf zurückgetreten war. Nach seiner Demission durch den Bundestrainer sah er sich dazu gezwungen. J
In der 81. Minute traf der eingewechselte Mitroglou nur den Pfosten für Olympique und verpasste die Möglichkeit, es nochmal spannend zu machen.
Stattdessen traf Gabi für Atlético zum 0:3 und bescherte PanM nebenbei einen Tipp-Gewinn von 40 Euro.
Im Anschluss brannte OM noch alle Pyro-Restbestände ab und Fernando Torres kam.
Und während sich der Schlusspfiff näherte, verließen die Marseille-Fans bereits das Stadion. Zu tief saß der Frust und so musste die Siegerehrung dann in einem halbvollen Stadion stattfinden.
Für uns ging es nach einiger Wartezeit via Shuttle-Tram zurück zum Hauptbahnhof und dann weiter über die leeren Straßen von Lyon zur Unterkunft. Eigentlich stand uns beiden noch der Sinn nach etwas zu essen, aber an einer Mittwochnacht in Lyon war dies nicht realisierbar und so ging’s hungrig ins Bett.
Nach einer bescheidenen Nacht ohne gefühlt überhaupt geschlafen zu haben (Gründe: Hunger, die Angst aus dem zu schmalen Bett zu fallen und die Bedenken hinsichtlich des Rückfluges) klingelte um 7:10 Uhr der Wecker. Gegen 7:50 Uhr verließen wir unsere Unterkunft gen Hauptbahnhof, um dort an der Tram wieder die bekannten Gesichter des Vortages zu sehen. Auch heute gab es wieder 30 Minuten Verspätung.
Auf dem Rückflug stellte ich fest, dass die ganze Veranstaltung vertrauenswürdiger ist, wenn der Kapitän ein paar Worte der Ansprache für die Fluggäste findet. So konnte man auch die sehr wacklige, weil windige Landung überstehen und nach ca. 30 Stunden hatten wir wieder deutschen Boden unter den Füßen. Nach einem gemeinsamen Currywurst-Mittagessen trennten sich dann unsere Wege erst einmal wieder.
@PanM: Danke für die coole Tour!!
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